Sonntag, 15. Juli 2012

Einbildungsberatung

Mit der Zeit denkt man, man hätte alles gesehen, und es wiederholt sich nur immer auf's Neue. Manchmal begegnet einem aber dann doch eine neue Variante, die man noch nicht kannte.

So geht's mir mit dem Auftritt von Janus525 im Hifi-Forum, ein Teilnehmer mit dem ich mich hier im Blog schon einmal vorletztes Jahr beschäftigt habe. Es handelt sich um einen ehemaligen Verkaufspsychologen, der seiner eigenen Angabe nach genug Geld verdient hat, und sich nun ohne wirkliches finanzielles Interesse mit HiFi amüsiert, und eine Art "Beratungsgeschäft" betreibt, mit dem er Leuten auf die Sprünge helfen will, die sich durch untaugliche Optimierungsversuche an ihrer eigenen Anlage frustriert haben, und nun nach neuen Ansätzen suchen.

Das wirkt auf den ersten Blick fast unwirklich selbstlos, weshalb es von Anfang an nicht gefehlt hat an Leuten, die ihm seine Haltung nicht abkaufen, mich natürlich eingeschlossen. Angesichts seiner intensiven Bemühungen, mit der richtigen Pose aufzutreten, ist der Zweifel nicht schwer zu verstehen.

Er macht es aber sehr geschickt, das muß man anerkennen, und der Verkaufspsychologe in ihm hat spürbar Spuren hinterlassen. Keine Sorge, für mich besteht keine Gefahr: Ich traue ihm nicht weiter als ich ihm werfen kann. Aber ich komme doch nicht umhin ein paar bemerkenswerte Eigenheiten herauszustellen.

Eines seiner Hauptthemen ist der Kabelklang, also ein originär audiophiles Voodoo-Thema. Er hört natürlich wie andere audiophile Kollegen auch Klangunterschiede zwischen Kabeln. Wird er darauf angesprochen, kommt unweigerlich ein Lobgesang auf ein paar exotische Kabeltypen, die er bevorzugt, und über die er die ganze Schwurbel-Litanei herunterbetet wie jemand der das Ganze für bare Münze nimmt. Das in diesem Zusammenhang immer kommende ungefragte "Name-Dropping" ist typisch audiophil, man definiert sich da ja oft darüber, welche angesagten oder exotischen Markennamen man fehlerfrei aufsagen kann.

Tut er aber nicht, jedenfalls nicht so wie der übliche Audiophile. Er glaubt nicht an Kabelklang, jedenfalls nicht an technischen Kabelklang. Also Kabelklang aufgrund von irgendwelchen behaupteten oder tatsächlichen technischen Kabelparametern, seien es nun die normalen Parameter wie Widerstand, Kapazität etc., oder das Voodoo-Zeugs wie Skineffekt, Kristallstrukturen, Mikrofonie und dergleichen. Er macht seinem Pseudonym alle Ehre, denn an den "Techniker" (aka "Holzohr") gewandt sagt er: "Du hast recht, es gibt keinen Kabelklang, die technische Betrachtung der Kabel gibt das nicht her. Kabelklang entsteht nicht im Kabel, sondern im Kopf des Hörers." Zugleich sagt er dem kabelklanghörenden "Goldohr" das scheinbare Gegenteil: "Du hast recht, es gibt Kabelklang, viele Leute hören ihn, er entsteht in Deinem Gehirn, und Du kannst Ihn Dir zunutze machen. Ich kann Dir zeigen wie, auch wenn es da noch viel zu forschen gibt."

Die sich inzwischen sehr in die Länge ziehende Diskussion im HiFi-Forum zeigt, welche Schwierigkeiten viele Teilnehmer mit dieser auf den ersten Blick widersprüchlich wirkenden Position haben. Janus525 verströmt zu 100% den audiophilen Stallgeruch in Gehabe und Argumentation, aber wenn man darauf herein fällt und ihn wie einen solchen behandelt, dann kann er immer wieder darauf verweisen daß er die audiophilen Positionen überhaupt nicht vertrete. Wieder und wieder entgegnet er: "Du täuschst Dich in mir! Sieh her, ich vertrete ja Deine Position: Es gibt keinen Kabelklang! Wir haben gemeinsame Ansichten und auch Ziele, denn wir wollen beide vor den Quacksalbern mit ihren falschen Behauptungen warnen."

Interessanterweise führt dieser Winkelzug mitnichten zu Problemen mit der audiphilen Klientel, die ja eigentlich aufbegehren müßte wenn man die Realität des Kabelklangs abstreitet. Nicht einmal diejenigen, die ganz ausdrücklich mit den diversen technischen Erklärungen der Kabelhersteller sympathisieren, und entsprechende Begründungen vorbringen (Skineffekt, Magnetfelder, Mikrofonie und der ganze Scheiß), wehren sich gegen Janus525. Er kann in diesem Fall das Gleiche schreiben wie die Holzohren, aber er eckt damit bei keinem Audiophilen an. Bemerkenswert, nicht?

Es ist aufschlußreich, sich zu überlegen woran das wohl liegt. Ich habe Erklärungsmöglichkeiten anzubieten, erfahre aber gern auch Eure, wenn Ihr noch weitere findet, wie auch Eurer Meinung zu den meinen.

1. Die Finte.

Der Audiophile glaubt, daß Janus das ohnehin nicht ernst meint, sondern daß es eine Art von Gambit ist, also ein Opfer einer unbedeutenden Figur zugunsten eines Stellungsgewinns in der ganzen Auseinandersetzung. Das "Holzohr" greift eine wertlose Position an, und kann damit zum Narren gehalten werden, während die eigentlich entscheidende Position umso besser verteidigt werden kann.

Mit anderen Worten: Janus525 kann leicht sagen, technischen Kabelklang gebe es nicht, denn diese technische Argumentation ist ihm ohnehin völlig egal. Er hat verstanden daß auch dem Audiophilen diese technische Argumentation im Grunde egal ist, und macht ihm vor wie man das zu einem taktischen Vorteil in der Diskussion machen kann. Die meisten Audiophilen haben zwar Sehnsucht nach einem technisch-wissenschaftlichen Erklärungsmodell für ihre Wahrnehmungen, damit sie aus dieser unbequemen Einbildungsecke heraus kommen, aber man sieht ja täglich wie wenig sie in der Lage sind, bei solchen Erklärungsmodellen zwischen blankem Unfug und stichhaltiger Argumentation zu unterscheiden. Janus macht ihnen vor, daß sie im Grunde gar nichts verlieren, wenn sie solche Argumentationsversuche fahren lassen.

Die entscheidende Position, die letztlich verteidigt wird, ist daß es Kabelklang eben schon gibt, aber nicht da wo er laut "Holzohr" nicht sein kann, nämlich im Kabel, sondern im Kopf des Hörers, wo man meßtechnisch (angeblich) nicht an ihn heran kommt. Dem "Holzohr" sagt man damit: "Kabelklang gibt's, aber Du hast mit Deinen Methoden und Fähigkeiten keinen Zugriff darauf, und suchst dauernd an der falschen Stelle." Das ist eine originär audiophile Position, und der elitäre Appeal dieser Haltung wiegt den Verzicht auf technische Erklärungen für den Audiophilen bei weitem auf. Das ist letztlich die Kalkulation, die Janus' Finte zugrunde liegt.

2. Die Umdeutung des Existenzbegriffs

Das Spannungsfeld, in dem der Audiophile gefangen ist, befindet sich zwischen dem was tatsächlich existiert, und dem was bloß eingebildet ist. Für das Ego des Audiophilen ist entscheidend, daß das was er wahrnimmt nicht eingebildet ist, sondern real. Wenn jemand unterstellt, der Audiophile könne sich Klangwahrnehmungen "nur" eingebildet haben, dann ist er unweigerlich beleidigt. Daß es Einbildung gibt, bzw. geben kann, wird er zwar nicht bestreiten, daß es aber in seinem eigenen Fall Einbildung gewesen sein könnte wird er entschieden zurückweisen. Was sich so echt anfühlt kann nicht eingebildet sein.

Wenn man also nicht nachweisen kann, daß eine Klangwahrnehmung keine Einbildung war, sondern eine tatsächlich existierende Ursache hatte, dann kann man das Problem mit dem drohenden Einbildungsvorwurf  immer noch umgehen, wenn man a) darauf hinweisen kann, daß es so einen Nachweis wegen praktischer Hindernisse gar (bzw. noch) nicht geben kann, und b) den Begriff der "Existenz" so weit ausweitet, daß darunter auch solche rein wahrgenommenen Erscheinungen fallen (die also auf keine externe Ursache zurückgehen).

Es sollte unmittelbar einleuchten, welche Attraktion ein Existenzbegriff auf den Audiophilen ausübt, der Dinge umfaßt die man aus Prinzip nicht nachweisen kann. Hat man einmal erreicht daß eine entsprechende Begriffsdefinition in der Diskussion akzeptiert wird, dann steht der Weg offen um alles für existent hinzustellen, was einem vorschwebt. Jegliche unabhängige Nachprüfung hat man ja gleichzeitig für unmöglich erklärt. Daher rührt die große Hartnäckigkeit und Kreativität, die manche Audiophile an den Tag legen, um so einen passend gedehnten Existenzbegriff in die Diskussion zu pressen.

Man könnte darüber fast aus dem Blickfeld verlieren, daß auf diese Weise die Grenzlinie zwischen Realität und Einbildung immer mehr verschwimmt. Worin genau unterscheiden sich Einbildungen von "echten" Wahrnehmungen, wenn es für Letztere keine externen Ursachen braucht? Wie kann man dann noch sagen worum es sich handelt? Gibt es dann überhaupt noch Einbildungen, oder wird das dann alles zu einem Teil dessen was man Realität nennt?

Janus525 macht mit seiner Verlagerung des Kabelklangs in das Gehirn dem Audiophilen genau dieses Angebot: Ein erweiterter Existenzbegriff ohne Gefahr der Nachprüfbarkeit. Es ist eine Art von innerem Reservat, in dem Einbildungen für real existent gelten können, ohne daß das einen Widerspruch produzieren würde.

3. Faszinosum Gehirn

Angesichts von galoppierenden Fortschritten in der Hirnforschung sieht es so aus als könne man sich nicht sicher sein daß diese Nachprüfbarkeit nicht bald kommen wird. Eigentlich müßten sich die Audiophilen daher vor der Hirnforschung fürchten. Sie erwecken aber gerne den gegenteiligen Eindruck. Das ist ebenfalls ein bemerkenswerter Aspekt.

Das Gehirn hat in audiophilen Kreisen schon seit einiger Zeit beträchtlich Konjunktur. Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, daß einige Audiophile ihr Gehirn für eine Besonderheit halten, etwas was man eigentlich genauer untersuchen müßte, wobei dann bestimmt heraus kommen würde daß dort ganz spezielle Fähigkeiten zu finden sind. Überlegene Fähigkeiten.

Dabei kommt einem zugute, daß Gehirnforschung ein schwieriges Thema ist, und man alle möglichen eigenen Wunschvorstellungen hinein projizieren kann. Man braucht da nicht befürchten, daß einem das widerlegt wird. Zugleich kann man bei den einfachsten Plattitüden verharren und so tun als wären sie eine Bestätigung der eigenen Sichtweise.

So kann man sich aus einer Kombination von ein paar ziemlich inhaltsleeren Sprüchen ein praktisch unangreifbares audiophiles Weltbild zimmern:
  • Der Klang entsteht im Gehirn.
  • Man weiß noch lange nicht genug über das was im Gehirn bei der Musikwahrnehmung passiert.
  • Das Gehirn hat erstaunliche Fähigkeiten, die noch nicht ausreichend verstanden sind.
Daraus folgt: Kabelklang gibt es, auch wenn man ihn nicht messen kann.

Wobei der wichtigste Aspekt dabei zu sein scheint, daß es die Audio-Meßtechnik ist, die man damit umgehen will. Das reicht, weil die Art von Meßtechnik, mit der man dem Gehirn auf die Pelle rücken könnte, sowieso jenseits jeder praktischen Reichweite der Diskussionsteilnehmer ist.

Mit den tatsächlichen Erkenntnissen der Hirnforschung hat die ganze Diskussion dennoch nichts zu tun. Von den ernst zu nehmenden Wissenschaftlern in diesem Bereich käme vermutlich keiner auf die Idee, seine Erkenntnisse oder potenziellen Erkenntnisse würden für die Existenz mysteriöser Klangeffekte in Kabeln sprechen, die sich der klassischen Meßtechnik entziehen.

4. Gehirn und Psychologie

Es dürfte klar sein, daß Einbildung ebenso eine Gehirnleistung ist wie die Wahrnehmung tatsächlich vorhandener äußerer Reize. Wenn man den entscheidenden Punkt der Betrachtung ins Gehirn selbst verlegt, und damit den äußeren Reiz aus dem Blickfeld nimmt, dann ist klar daß der Unterschied zwischen einer Einbildung und einer Wahrnehmung äußerer Reize verschwimmt. Der Unterschied besteht ja gerade darin, ob es eine äußere Ursache gibt oder nicht.

Das heißt umgekehrt, daß jemand, der herausfinden will, ob etwas eingebildet ist oder nicht, außerhalb des Gehirns suchen muß und nicht im Gehirn. Die Fokussierung der Diskussion auf die Gehirnleistungen und die bei der Wahrnehmung entstehenden Empfindungen verhindert es geradezu, daß man bei der Frage weiterkommt ob etwas eingebildet ist oder nicht.

Es kann natürlich sein daß man wirklich an der Wahrnehmungspsychologie interessiert ist, und dabei z.B. womöglich auch an gegenseitigen Einflüssen verschiedener Sinne aufeinander. Das kann ein spannendes Wissensgebiet sein, bloß hat das mit der ursprünglichen Frage nichts mehr zu tun, z.B. der nach der Existenz von Kabelklang.

Verlockend ist dabei, daß man von den Wahrnehmungen, Eindrücken und generell den Leistungen des Gehirns in einer pseudo-objektiven, vom eigenen Ego scheinbar entkoppelten Sprache reden kann, und sich damit vormachen, das hätte den gleichen faktischen Gehalt wie äußere, meßbare Erscheinungen. Eine reine Einbildung, die vielleicht in Wirklichkeit weit mehr von eigenen Vorlieben, Wunschvorstellungen, Ängsten und Projektionen bestimmt ist als von äußeren Reizen, kann man dann immer noch als eine Gehirnleistung darstellen, die eine vom eigenen Selbst quasi unabhängige objektive Realität hat.

Natürlich sind psychologische Prozess auch Leistungen des Gehirns, und als solche mit entsprechendem Aufwand technisch untersuchbar, aber dadurch wird nicht die Verbindung zur Psychologie des Menschen aufgehoben. Eine Einbildung ist immer noch eine Einbildung, selbst dann wenn man die mit ihr verbundenen Hirnaktivitäten "objektiv" messen kann. Die objektive Messbarkeit der Hirnaktivität einer Wahrnehmung macht noch lange nicht das Wahrgenommene zur objektiven Realität. Im Gegenteil: Man kann mit solchen technischen Mitteln auch Wahrnehmungen aus dem Nichts erzeugen. Der Unterschied zur Wahrnehmungsbeeinflussung durch Drogen ist da nicht gar so groß.

5. Glück und Lebensfreude

Es ist kein Zufall, daß ich auf das Thema Glück und Lebensfreude gerade dann komme wenn ich das Wort "Drogen" erwähnt habe, was aber nicht auf die ganz direkte Art verstanden werden sollte. Es ist auch kein Zufall, daß diese Begriffe beim Thema Kabelklang bemüht werden, obwohl es auf den ersten Blick nichts damit zu tun hat.

Daß sich ein Audiophiler für glücklicher oder zumindest glücksfähiger hält als der gern als verbissen und engstirnig hingestellte Techniker ist ja nichts Neues, und kann mit dem altbekannten audiophilen Narzissmus begründet werden. Wenn jedoch ein Janus525 ins gleiche Horn bläst steckt ein bißchen mehr dahinter. Er vertritt die Position, man könne sich den gar nicht wirklich vorhandenen Kabelklang, also die Einbildung von Kabelklang, oder nochmal anders ausgedrückt den "Gehirnklang" (das böse Wort "Einbildung" muß ja unbedingt vermieden werden), auch planmäßig zu Nutze machen. Im Grunde ist das wie ein Tuning, aber nicht ein Tuning der Anlage, sondern ein Tuning der Wahrnehmung der Anlage. Man tunt sich gewissermaßen selbst.

An der Stelle wird auch die Verbindung zur Droge klarer. Drogen werden gelegentlich als Mittel zur "Bewußtseinserweiterung" verwendet, was ja ebenfalls eine Art von "Selbst-Tuning" ist. Egal wie man nun den "Trip" erzeugt, das darunter liegende Motiv ist im Grunde immer das Gleiche. Wenn man mit der Realität ein Problem hat, und der Versuch, die Realität zu ändern, aussichtslos oder zu anstrengend wäre, dann ändert man einfacher seine Wahrnehmung, und erreicht Glück und Zufriedenheit eben auf diesem Weg.

Ich bin da noch nicht einmal prinzipiell dagegen. Ich bin kein puritanischer Genußverweigerer und Moralapostel, der am liebsten jede Droge und jeden Selbstbetrug von der Erdoberfläche verbannen will. Es würde auch gar nicht funktionieren wenn ich es wollte, und ich würde mir dabei selbst Gewalt antun. Ich halte es aber gerade deshalb für wichtig, sich über den Mechanismus klar zu werden, der hier abläuft, und das Risiko das man dabei eingeht. Von so gut wie jeder wahrnehmungsverändernden Droge (und "audiophile" Kabel zähle ich im Moment mal dazu, nicht aus eigener Überzeugung, sondern nur mal um damit Janus' Argumentation zu folgen) haben Andere mehr Nutzen als der Konsument. Über kurz oder lang hat der Konsument üblicherweise sogar das Gegenteil, nämlich den Schaden. Insofern wird das Selbst-Tuning schnell mal zum Selbst-Betrug, der Übergang ist jedenfalls fließend.

Dabei kann man in dieser Sache sogar stark bezweifeln, ob diese "Droge", also ein Kabel, überhaupt in der versprochenen Weise wirkt. Ich behaupte, die Wirkung ist ziemlich flüchtig und unzuverlässig, wenn überhaupt vorhanden. Janus wird zwar nicht müde so zu tun als wäre eine planmäßige, zielgerichtete Erzeugung wunschgemäßer Klangillusion bei richtiger Vorgehensweise möglich, und zwar ganz ausdrücklich auch mit Hilfe von Kabeln, aber es gibt keinerlei Nachweis daß da etwas dran ist. Man muß es ihm einfach glauben, und ich glaube es ganz bestimmt nicht.

Klarer wird die Sache schon wenn man sich überlegt, wer denn wohl von der Droge profitiert, wenn es schon nicht der Konsument ist, und wie er davon profitiert. Das muß nicht der offensichtlichste Weg sein. Janus braucht nicht selbst als Kabelhändler aufzutreten, um zu den Profiteuren zu gehören. Auch das scheint wieder einige seiner Kritiker vor Schwierigkeiten in der Diskussion zu stellen. Man kauft ihm nicht ohne Weiteres ab daß er nicht am Verkauf von Kabeln interessiert ist, und er kann die daraus immer wieder entstehenden "Mißverständnisse" zu seinem Vorteil nutzen.

Es gibt aber eine ganze Reihe etwas indirekterer Methoden, um aus dem Selbst-Betrug zu profitieren. Ein Beispiel sind schon lange die HiFi-Zeitschriften. Sie verkaufen keine Kabel, machen sich aber zum Marketing-Instrument derjenigen, die welche verkaufen. Wenn nun auch in Internet-Foren Hersteller unterwegs sind, um dort auf versteckte oder offene Art für ihre Produkte zu werben, warum sollte es nicht auch dort "Lobbyisten" geben, die das stellvertretend betreiben? Nicht bei jeder Marketingaktivität geht es unmittelbar um den Verkauf eines Produktes. Immer mehr geht es schon im Vorfeld darum, den Markt für eine Produktkategorie vorzubereiten, ihn aufnahmefähig zu machen. Ein Klima zu schaffen in dem das Produkt auch ein gutes Image hat, mit den richtigen Assoziationen verknüpft wird, und das entsprechende Bedürfnis erweckt.


Janus525 ist ein Verkaufspsychologe, ihm ist mit Sicherheit diese indirektere Linie des Marketing nicht fremd. Im Grunde verkörpert er in der Diskussion diese Prinzipien selbst, denn man erkennt leicht wie sehr ihm bei allen Beiträgen das Image, und die Pose, wichtig ist. Wichtiger als das konkrete Argument auf alle Fälle, denn man stellt mit der Zeit fest, wie sich seine Argumente mit der Situation wesentlich leichter zu ändern scheinen als seine Selbstdarstellung. Die eigentliche "Message" ist dabei eine soziale, viel mehr als eine inhaltliche. Es geht darum sich als Rollenmodell ins Spiel zu bringen. Dort liegt der eigentliche Kern seiner Selbstdarstellung, und der verändert sich auch nicht wesentlich über die Zeit. Er sagt damit: "Schau her, ich bin der entspanntere, geistig flexiblere, wahrnehmungsfähigere, genußfähigere, erfolgreichere und glücklichere Mensch, weil ich mich dem 'Erlebnis Kabel' nicht verschließe. Du kannst das auch sein, wenn Du mir folgst".

Der Unterschied zur Zigarettenwerbung ist da nicht mehr groß, wo die Message sein könnte: "Schau her, ich bin der geselligere, individuellere, kreativere, genußfähigere, coolere, erfolgreichere und zufriedenere Mensch, weil ich mich dem Rauchen nicht verschließe. Du kannst das auch sein, wenn Du es so machst wie ich." Zigarettenwerbung ist zu einem großen Teil nicht Produkt- oder Markenwerbung. Es ist Werbung für das Rauchen als solches, oder genauer gesagt der Versuch, die Impulskontrolle psychologisch zu unterlaufen.

Janus525 präsentiert sich als eine Art von Kundenberater, der Endkunden dabei hilft, aus ihrer Anlageninstallation das (subjektive) Optimum herauszuholen, und zwar ohne Bezug zu konkreten Komponentenherstellern. Das mag stimmen, wirkt aber auf mich nicht besonders überzeugend. Wer so eindeutig auf die indirekte Marketing-Schiene setzt, empfiehlt sich eher als eine Art von Lobbyist, ein "Spin-Doctor", der im Auftrag und auf Rechnung für Hersteller arbeitet, die von solcher "Marktpflege" abhängen, sie aber selbst nicht so erfolgreich betreiben könnten. Andere Branchen kennen das schon länger, vielleicht ist es an der Zeit, denkt wohl Janus525, daß diese Methode auch im HiFi-Bereich Fuß faßt.

Wie gut seine Denkweise dazu paßt, kann man an einem kürzlichen Beitrag sehen. Ich denke es wird klar, daß die scheinbaren Widersprüche, die zwei Gesichter des Janus, eigentlich keine sind. Es paßt schon alles zusammen, ob man das nun gut findet oder nicht.


Was meint Ihr dazu?